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ReVox-Count
Ein elektronischer Ersatz für die mechanischen Zähler in der A77, B77 und PR99 MKI
Eine Entwicklung für TS1000.de
Sehr vorläufig(!)
Der Wunsch nach einem elektronischen Zählwerk für die populärsten Revox-Bandgeräte ist verständlich, und weil ich schon ein Ersatz-Zählwerk für die Grundig TS1000 entwickelt hatte, bot es sich an, darauf basierend auch eins für die Revox-Bandgeräte abzuleiten. Na ja, als Besitzer einer frühen A77 MKI (Seriennummer 008730) bin ich auch "persönlich betroffen". Die Herausforderungen sind in diesem Fall andere. So sollte z. B. auch diese Zählwerk 5-stellig sein, denn mit einer 4-stelligen Anzeige muss man sogar deutliche Nachteile gegenüber dem Original-Zählwerk in Kauf nehmen, weil man dort wegen der kontinuierlichen Bewegung der 1er-Stelle eine deutliche höhere Auflösung als bei einer springenden Anzeige der 1er-Stelle hat. 5-stellig gibt es eine 0,1er-Stelle, und außerdem erlaubt es eine Anzeige der Bandlaufzeit in h:mm:ss. Nur: 5-stellige Displays, die hinter das Fenster des Originalzählers passen, gibt es nicht zu kaufen (zumindest keine sinnvollen) - und Aufsägen des Fensters kommt nun gar nicht in Frage.
Hier ein Foto eines frühen Prototyps, der zunächst nur für eine 4-stellige Anzeige vorgesehen war, aber nach der Einsicht, dass 4 Stellen zu wenig sind, noch eine weitere Stelle bekam. So passt es natürlich nicht mehr hinter das Fenster der Frontplatte.
Auch der Halter für die Antriebsrolle ist hier noch kompliziert aus Leiterplattenmaterial und Abstandshaltern "gebastelt". Der wurde dann gleichzeitig als Abstandshalter für die Leiterplatte als ein einziges Teil aus dem 3D-Drucker sein, ungefähr so:
2 neuere Prototypen, jetzt mit dem neuen, 5-stelligen Display, das nicht mehr Platz einnimmt, als das alte 4-stellige Display:
Auch die Tastenkappen, optisch sehr ähnlich der originalen Reset-Taste, kommen aus dem 3D-Drucker.
Anders als das Zählwerk für die TS1000, bei dem ein Original-Zählwerk zerlegt und zusammen mit neuer Elektronik zu einem neuen Zählwerk umgebaut wird, bleibt das Original-Revox-Zählwerk unangetastet. Daher kann das Tonbandgerät jederzeit wieder in den Originalzustand versetzt werden.
Eine vollständige Anleitung zum Umbau soll nicht der Ziel dieses Artikes sein, aber sie ist, reichlich mit Bildern versehen, auf der Webseite des Herstellers und Vertriebs des Zählwerks, der Fa. Heroms GmbH: "Digitales Zählwerk für Revox B77, A77, PR99 MK1" bei den Downloads zu finden.
Revox A77:
Revox B77, PR99:
Prinzipiell ähnlich, aber da der Anschluss für die Stromversorgung im Inneren des Gerätes liegt, muss nicht nur die Fronplatte abgenommen, sondern auch das Chassis aus dem Gehäuse genommen werden. Das sind deutlich mehr Schrauben.
Beim Einschalten des Tonbandgerätes wird für einen kurzen Moment die Nummer der Firmware-Version und danach der zuletzt erreichte Zählerstand angezeigt. Wenn die interne Betriebsspannung des des Tonbandgerätes fällt, also insbesondere beim Ausschalten, wird der Zählerstand in den nicht-flüchtigen Speicher übertragen. Manchmal ist - zumindest teilweise - auch sichtbar, dass in diesem Zustand Lo U (= geringe Spannung) angezeigt wird.
Reset: Mit einem kurzen Tastendruck (< 800 ms) wird der Zählerstand auf 0000 zurück gesetzt.
Wenn beim Einschalten die Reset-Taste gedrückt ist, lässt sich durch wiederholtes Drücken der Reset-Taste die Helligkeit der Anzeige in 4 Stufen verändern. Angezeigt wird dabei H.E.L.L.O, in den verschiedenen Helligkeiten, wobei auch die Anzahl der Dezimalpunkte die Helligkeitsstufe (1..4) angibt. Danach muss das Gerät aus- und wieder eingeschaltet werden.
Mit einem längeren Tastendruck (> 800 ms und < 2,4 s) wird von der Anzeige des Zählerstands auf die Anzeige der Bandlaufzeit umgeschaltet. Anzeige: h.mm.ss
Die angezeigte Zeit wird berechnet aus dem aktuellen Zählerstand, der Stärke des Bandes und dem Durchmesser der Aufwickelspule. Darüber hinaus wird aus der Zählgeschwindigkeit und dem Zählerstand auf die eingestellte Bandgeschwindigkeit 4¾, 9½, 19 oder 38 cm/s geschlossen und dementsprechend der Zählerstand in eine der Bandgeschwindigkeit entsprechende Bandlaufzeit umgerechnet.
Diese Anzeige kann nur dann vernünftige Ergebnisse liefern, wenn
Zum Einstellen des Bandtyps wird die Taste lange (> 2,4 s) gedrückt. Es erscheint die momentane Einstellung:
26 LP: 26,5 cm (Kerndurchmesser 114,2 mm), Langspielband (35 µm)
26 dP: 26,5 cm (Kerndurchmesser 114,2 mm), Doppelspielband (26 µm)
26 SP: 26,5 cm (Kerndurchmesser 114,2 mm), Standardband (52 µm)
22 LP: 22 cm, (Kerndurchmesser 90 mm), Langspielband (35 µm)
22 dP: 22 cm, (Kerndurchmesser 90 mm), Doppelspielband (26 µm)
22 SP: 22 cm, (Kerndurchmesser 90 mm), Standardband (52 µm)
18 LP: 18 cm, (Kerndurchmesser 60 mm), Langspielband (35 µm)
18 dP: 18 cm, (Kerndurchmesser 60 mm), Doppelspielband (26 µm)
Mit jedem kurzen Tastendruck wird der nächste Bandtyp ausgewählt.
Mit einem längeren Tastendruck (> 800 ms, < 2,4 s) wird wieder auf Zählerstand- bzw. Zeitanzeige zurück geschaltet.
Bei Zählwerkständen < 0000 werden auch negative Zeiten angezeigt, aber das ist nur für kleine negative Zeiten sinnvoll - eigentlich nur im Bereich des Vorspannbandes.
Tabellen der Bandstärken einiger ehemals und aktuell erhältlicher Tonbänder
Normal (@ 19,05 cm/s, 26,5 cm: 720 m, 63 min) | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Stärke (µm) | 53 |
52 |
51 |
50 |
48.5 |
48 |
Hersteller/ Produkt |
Agfa PEM 526 BASF LGR 51 |
Agfa PER BASF LGR 50 BASF SM 900 BASF SM 910 BASF SPR 50 LHL |
BASF SPR 50 LH RTM SM 900 |
Agfa PER 525 |
Agfa PEM 468 Agfa PEM 469 |
RTM SM 468 |
Langspiel (@ 19,05 cm/s, 26,5 cm: 1080 m, 94 min) | ||||
---|---|---|---|---|
Stärke (µm) | 38 |
35,5 |
35 |
33 |
Hersteller/ Produkt |
ATR MDS-36 | RTM LPR 35 RTM LPR 90 |
BASF LP 35 LH BASF LP 35 LHS BASF LPR 35 BASF LPR 35 LH BASF PES 35 LH |
Agfa PER 368 |
Doppelspiel (@ 19,05 cm/s, 26,5 cm: 1440 m, 126 min) | ||||
---|---|---|---|---|
Stärke (µm) | 29 |
27 |
26 |
25 |
Hersteller/ Produkt |
BASF DPR 26 LH | Agfa PEM 268 | BASF DP 26 BASF DP 26 LH BASF LGS 26 BASF PES 26 |
BASF DP 26 LHS |
RTM ist einer der letzten Produzenten von noch erhältlichen Tonbändern. Deren Produktion ist offensichtlich über Umwege von den Firmen BASF und Agfa gekommen. Ebenfalls sind Tonbänder von ATR (USA) noch erhältlich. (Quelle: STUDER und ReVox Infoportal)
Aus verschiedenen Gründen ergeben sich Ungenauigkeiten bei der Bestimmung der Bandlaufzeit. Das sind:
Stärke der Bänder:
Die Stärke der verschiedenen Bänder, sowohl bei verschiedenen Herstellern, als auch innerhalb der Produktpaletten der Hersteller, variiert bei den verschiedenen Bandtypen. Siehe auch die Tabelle weiter unten. Das hat einen erheblichen Einfluss auf die angezeigte Zeit, insbesondere gegen Ende des Bandes.
Hinzu kommt, dass man den offiziellen Angaben aus den Datenblättern auch nicht unbedingt trauen kann. So habe ich bei einem Agfa PEM 268, was laut technischen Daten DP-Band mit einer Stärke von 27 µm sein soll, eine tatsächliche Stärke von 30,2 µm gemessen (ein Wickel mit 500 Windungen mit einer Stärke von 15,1 mm bzw. mit Zunahme des Durchmessers um 30,2 mm). Das liegt ziemlich genau mittig zwischen dem Standard für LP- und für DP-Bänder(!). Die Länge des Bandes ergab sich aus dem Außen- und Innendurchmesser des vollen Wickels (jeweils ohne Vorspannband) und der Banddicke zu 1281 m statt nominell 1440 m. Dementsprechend war eine tatsächliche Laufzeit von 112 min statt 126 min zu erwarten, und die gemessene Laufzeit war auch nur ca. 30 s geringer. Daraus lässt sich schließen, dass in diesem Fall die Bandgeschwindigkeit - eher zufällig - ziemlich genau gestimmt hat.
Kerndurchmesser, Vorspannband:
Für die korrekte Zeitberechnung ist natürlich der Kerndurchmesser, nicht der Außendurchmesser der Spule, wichtig. Darauf kann man sich aber auch nicht immer verlassen: Z. B. 22 cm-Spulen von Braun haben nach unseren Erfahrungen einen Kerndurchmesser von 100 statt der genormten 90 mm. Das Vorspannband verändert den Kerndurchmesser um ca. 1 mm, auch das verusacht deutliche Abweichungen. Wir haben einen Zusatzdurchmesser von ca. 0,85 mm berücksichtigt, der bei einem Agfa PEM 286 gemessen wurde.
Sollgeschwindigkeit:
Das ist natürlich recht einfach überschaubar. 1% Abweichung ergibt 1% Zeitfehler, also z. B. bei einer Stunde (3600 Sekunden) Laufzeit 36 Sekunden.
Schlupf:
Schlupf ist bei Geräten ohne Bandzugregelung deutlich stärker ausgeprägt als bei Geräten mit Bandzugregelung und verursacht in der ersten Halbzeit eine höhere und danach eine geringere Geschwindigkeit.
Beispiele:
Angenommen wird ein 26,5 cm Langspielband mit 1080 m Länge und einer nominellen Stärke von 35 µm, abgespielt mit 19,05 cm/s. Es hat eine nominelle Laufzeit von ca. einer Stunde und 34 Minuten. Nehmen wir folgende Fehler jeweils unabhängig voneinander an, die jede zu mehr angezeigter als tatsächlicher Bandlaufzeit führen:
dann ergeben sich folgende Kurven:
Die angezeigten Zeiten scheinen sich nicht sehr voneinander zu unterscheiden. Aber wenn man die Differenz zwischen angezeigter und tatsächlicher Bandlaufzeit betrachtet, wird es deutlicher:
Dabei sollte man bedenken, dass die Abweichungen von der Sollgeschwindigkeit eher realistisch, die vom Kerndurchmesser pessimistisch und die von der Bandstärke sehr optimistisch angenommen wurden. In der Praxis ist die Bandstärke mit großer Wahrscheinlichkeit der Hauptverursacher von Abweichungen von der tatsächlichen Zeit.
Vorsichtshalber habe ich mal gemessen, ob das Zählwerk irgendwelchen Einfluss auf das Audio-Signal hat. Immerhin arbeitet es digital, mit einem Schaltregler und einer gemultiplexten Anzeige, und es ist nicht sehr weit vom hochempfindlichen Wiedergabe-Tonkopf entfernt. Das wäre der kritische Pfad. Die Mess-Ergebnisse an meiner A77 Mk I haben mich nur deshalb nicht beruhigt, weil ich gar nichts anderes erwartet hatte und deshalb auch nicht unruhig war.
(Anklicken für eine vergrößerte Darstellung)
Wichtig ist das rote (19cm/s Play Count) und das grüne (19cm/s Play) Spektrogramm. In beiden Fällen wurde das Spektrum bei maximalem Volume, 19 cm/s, Play, aber ohne Band und mit ausgeschalteten Wickelmotoren aufgenommen. Bei der Multiplex-Frequenz von ca. 100 Hz und den entsprechenden Oberwellen ragt das rote Spektrum (mit Zähler) nur zufällig, an wenigen Stellen über das grüne (ohne Zähler) hinaus. Umgekehrt ragt das grüne offensichtlich ebenso oft und zufällig über das rote hinaus, aber das kann man nicht so deutlich erkennen. Von der Multiplex-Frequenz ist also gar nichts nachweisbar. Da ist schon fast schade, denn dann wäre es ein Indiz, dass diese Messung keine Fälschung ist.
Andererseits überragt das rote Spektrum im Bereich > 10 kHz deutlich sichtbar das grüne systematisch. Dort liegen einzelne Spektrallinien bei n * 100 Hz, also vom Gleichrichter. Sie stammen nicht vom Multiplexen des Zählwerks, denn dessen Spektrum würde sich wegen einer geringfügig anderen Frequenz nicht mit den Spektrallinien, die ohne Zählwerk auch vorhanden sind, decken. Sie sind mit Zählwerk irgendwo zwischen 0,5 und 1 dB stärker. Ist das erhöhtes Ripple auf der Versorgungsspannung, weil das Zählwerk das Netzteil zusätzlich belastet? Wohl kaum, denn das Zählwerk wird aus der 27 V-Spannungsversorgung der Laufwerkssteuerung versorgt. Ich weiß nicht, woher es kommt, und ich habe es nicht weiter untersucht.
Der Schaltregler arbeitet mit ca. 1 MHz, also weit außerhalb des Audio-Bereichs. Seine Spannungsversorgung ist zusätzlich durch einen LC-Filter entkoppelt und irgendwelche Auswirkungen in den Audioteil sind mir zu unwahrscheinlich, als dass ich danach suchen würde.
Aber wo kommen die anderen Spektrallinien her? Die bei n * 50 Hz sind klar: Ripple auf der Versorgungsspannung oder magnetische Einstreuungen vom Trafo, vielleicht auch vom Tonwellenmotor, kommen da in Frage. Interessant ist, dass das Signal vom Tachogenerator im braunen (19 cm/S, 1600 Hz) bzw. im hellblauen (9,5 cm/S, 800 Hz) Spektrogramm so deutlich zu sehen ist. Auf welchem Weg das in den Audioteil gelangt, weiß ich nicht. Jenseits von 40 kHz ist auch noch viel zu sehen. Weil das auch bei dem am ADC angeschlossenen, aber ausgeschaltetem Gerät (A77 Off) zu sehen ist, nicht aber im ADC selber, gehe ich von einer Störung auf meinem Labortisch aus (reichlich Schaltnetzteile...) und ignoriere es.
Wie auch immer - diese Messungen erfolgten ohne Band. Und wie man weiß, ist mit Band das Grundrauschen noch einmal deutlich höher, und alle - oder fast alle? - diese Störungen werden praktisch irrelevant. Hinweis: Die dBFS-Skalierung hat nichts mit der Vollaussteuerung zu tun. Vollaussteuerung eines Bandes bei Wiedergabe liegt bei diesen Messungen weit über 0 dBFS.
Letzte Aktualisierung: 23. Dezember 2021 | Fragen? Anregungen? Schreiben Sie mir eine E-Mail! | Uwe Beis |