Electronic Pages | Die Homepage der Familie Beis |
Strominduziertes Widerstandsrauschen
English Version: Current-Induced Resistor Noise)
Eine Sammlung von Erfahrungen durch experimentelle Messungen
- Keine wissenschaftliche Abhandlung -
Dass Widerstände allein durch ihre Existenz temperaturabhängige Rauschspannungen bzw. -ströme erzeugen, setze ich als bekannt voraus. Beschrieben habe ich es in dem Artikel Widerstandsrauschen. Weniger bekannt ist, dass eine zusätzliche Rauschspannung entstehen kann, wenn der Widerstand von Strom durchflossen wird. Diese Rauschspannung ist von der Technologie des Widerstandes und natürlich vom Strom durch bzw. der Spannung über den Widerstand sowie seinem Widerstandswert abhängig. Leider wird diese Eigenschaft in den Datenblättern der Hersteller nicht erwähnt oder gar spezifiziert. Zumindest habe ich es, bis auf eine Ausnahme, noch nie gesehen - aber zugegeben, viele Datenblätter habe ich auch nicht gesehen. Die Ausnahme war ein Hersteller von Dünnfilm SMD-Widerständen (Susumu). Weil es auch keine Naturkonstante o. Ä. ist, lässt sich dieses Rauschen nicht berechnen, man kann man es bestenfalls abschätzen und durch geeignete Schaltungstechnik und Widerstandswahl teilweise oder ganz unterhalb sein natürliches Rauschen reduzieren.
Um nicht immer wieder den sperrigen Ausdruck "strominduziertes Widerstandsrauschen" zu verwenden, erlaube ich mir hier, den eigentlich falschen Begriff "Stromrauschen" zu verwenden. Ganz genau genommen müsste es eigentlich sogar "strominduziertes Widerstandsspannungsrauschen" oder "spannungsinduziertes Widerstandsstromrauschen" heißen...
Gemessen bzw. erkundet werden sollte die Abhängigkeit des Stromrauschens von:
Zum Messen des Stromrauschens der Widerstände wurden jeweils zwei gleiche Widerstände in Reihe geschaltet und mit einer symmetrischen Spannungsversorgung betrieben. Dadurch bleibt der Eingang des folgenden Vorverstärkers nahezu DC-frei. Mit den zwei gleichen Test-Widerständen in Reihe erspart man sich eine rauscharme Stromquelle, muss aber natürlich berücksichtigen, dass jetzt nicht ein, sondern zwei Widerstände, die AC-mäßig parallel geschaltet sind und mit jeweils der halben Betriebsspannung betrieben werden, das gemessene Rauschen erzeugen.
Als Vorverstärker habe ich meinen LNPA40dB eingesetzt, den ich nicht zuletzt für diese Versuchsreihe entwickelt habe. Es ist ein rauscharmer, batteriebetriebener FET-Vorverstärker mit 20 oder 40 dB Verstärkung. Durch Parallelschaltung von 4 rauscharmen FET-Operationsverstärkeren je ca. 4,5 nV/sqrt(Hz) liegt das gemessene Eingangsspannungsrauschen des LNPA40dB bei ca. 2,2 nV/sqrt(Hz), das entspricht ungefähr dem thermischen Rauschen eines 290 Ω-Widerstands. FET-Eingänge weisen praktisch keinen Rauschstrom auf, so dass der einzige Eingangsrauschstrom von einem 1 MΩ-Eingangswiderstand, der für den Arbeitspunkt erforderlich ist, stammt. Dieser Eingangsrauschstrom ist erheblich kleiner, als es der jedes Operationsverstärkers mit bipolaren Eingängen wäre. Allerdings zeigen die verwendeten Operationsverstärker (OPA1612) bereits unterhalb 1 kHz einen deutlichen Anstieg des typischen 1/f-Rauschens, was in den gemessenen Rauschspektren deutlich sichtbar ist, letztendlich aber keine Auswirkung auf die Messwerte hat, denn auch das Rauschen der Widerstände steigt im niederfrequenten Bereich an.
Dieser Vorverstärker ist batteriebetrieben und auch die Spannungsversorgung der Widerstände erfolgte aus einer Batterie. Bei Messungen von derart kleinen Spannungen mit sehr hoher spektraler Auflösung werden kleinste Störsignale sichtbar. Eine Verbindung zu einem Netzteil würde auch bei bester galvanischer Trennung im Netzteil zu enormen Störsignalen im Spektrum führen. Zusätzlich muss der gesamte Messaufbau vollständig elektrisch geschirmt und abseits von magnetischen Störfeldern betrieben werden.
Der Ausgang des Vorverstärkers geht in einen 192 kHz/24 Bit-ADC mit einer Empfindlichkeit von +16 dBu (= 4,89 Veff) für 100% FS und über USB zum PC, wo mit ARTA das Spektrum berechnet wurde. Jedes Spektrum wurde mit 65536 Samples berechnet, das ergibt eine Auflösung von ca. 2,9 Hz. Um glatte und präzise Kurven zu bekommen, wurden je Messung ca. 5000 bis 10000 Spektren gemittelt, wodurch sich eine Messzeit von ca. 30 Minuten pro Messung ergab. Dazu kam noch ein Mehrfaches an Zeit, die ich dafür gebraucht habe, um überhaupt den ganzen Aufbau so sauber und fehlerfrei hinzubekommen, dass die Messungen so einwandfrei wurden, wie sie jetzt aussehen.
Die Vermessung des Testaufbaus ergibt Folgendes, Diagramme von unten nach oben:
Als Ausgangseigenschaften für die Vergleiche wurden angesetzt: 10 kΩ, SMD Dickschicht, Bauform 0805 .
Auf kleinen, steckbaren Leiterplattenstreifen ließen sich bis zu 6 unterschiedliche SMD-Widerstandspaare unterbringen, von vorne nach hinten:
- 6 unterschiedliche Widerstandswerte (330 Ω, 1 kΩ, 3,3 kΩ, 10 kΩ, 33 kΩ und 100 kΩ),
- 4 verschiedene Baugrößen (2010, 1206, 0603 und 0402, 0805 gibt es auf dem 1. Streifen)
- 6 verschiedene Fabrikate (Hersteller unbekannt, einen 7. Hersteller gibt es auf dem 1. Streifen)
Zusätzlich wurden einige THT-Widerstände (bedrahtete Widerstände) gemessen, von links nach rechts: Metallschichtwiderstand, dann 3 verschiedene Kohleschichtwiderstände und rechts Kohlemassewiderstand.
Zunächst fällt auf, dass das Rauschen proportional zur Betriebsspannung bzw. dem Betriebsstrom ist.
Außerdem ist es ein 1/f-Rauschen, es fällt also mit 10 dB pro Dekade bzw. die Rauschleistung ist umgekehrt proportional zur Frequenz. Es wird auch rosa Rauschen genannt. Die untere schwarze Linie ist das Eigenrauschen des Vorverstärkers.
Weil bei den folgenden Messungen verschiedene Widerstände gemessen werden, die nicht unter vergleichbaren Umständen hergestellt wurden, z. B. unterschiedliche Widerstandspasten und unterschiedliche Hersteller, sollen hier Erfahrungen gesammelt werden, wie groß die Rolle dieser Unterschiede ist.
Gemessen wurden weitere 5 verschiedene, zufällig vorhandene 10 kΩ 0805 Dickschicht-Widerstände sowie ein Dünnfilm-Widerstand (Thin Film, Hersteller Susumu, Typ RR1220P-103-D), alle bei 12 V. Dünnfilm-Widerstände sind für geringes Stromrauschen bekannt, hier sieht man, dass unter den gegebenen Messbedingungen tatsächlich fast - aber nur fast - kein nachweisbares Stromrauschen entsteht, sondern nur das normale thermische Rauschen, das auch ein spannungsloser Widerstand erzeugt (0 V Reference).
Ansonsten sind keine enormen, aber doch nicht unerhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Dickschichtwiderständen zu erkennen. Auch gibt es eine Merkwürdigkeit bei Widerstand C, die ich nicht erklären, sondern nur zur Kenntnis nehmen kann.
Eine eindeutige Abhängigkeit vom Widerstandswert ist nicht zu erkennen. Das liegt offensichtlich daran, dass trotz gleicher Bauform und Technologie (Dickschicht) nicht allein der Widerstandswert das Stromrauschen bestimmt. Auch andere Faktoren, die hersteller- oder wertabhängig sind, spielen eine große Rolle.
Dennoch ist zu erkennen, dass die niederohmigeren Widerstände bei gleicher Spannung tendenziell ein geringeres Stromrauschen verursachen, obwohl der Strom höher ist.
Auch hier sind die Widerstände von verschiedenen Herstellern, dennoch ist eine deutliche, aber in der Praxis eher nicht entscheidende Abhängigkeit von der Baugröße zu erkennen: Je größer, desto rauschärmer.
Prinzipiell lässt sich das eigentlich auch aus der ersten Messung ableiten: Nimmt man 4 Widerstände und schaltet je 2 parallel bzw. in Serie, ergibt sich der selbe Gesamtwert auf der 4-fachen Fläche bei gleicher Widerstandsschicht. Würde jeder der 4 Widerstände genau so stark rauschen wie der Einzelwiderstand, würde das Gesamtrauschen gleich bleiben (wie das beim thermischen Rauschen der Fall wäre). Da aber jetzt jeder der 4 Widerstände nur noch mit der halben Spannung läuft, ist sein Stromrauschen - und damit auch das gesamte Stromrauschen - nur noch halb so groß.
Die 3 Kohleschichtwiderstände (Carbon Film), Bauform 0207, erzeugen ein mäßiges Stromrauschen, deutlich weniger als der 0805 Referenz-SMD-Widerstand, aber auch deutlich mehr als der Metallfilm-Widerstand, der praktisch genau so wenig Stromrauschen bei 12 V wie bei 0 V erzeugt, siehe die Diagramme oben.
Wer einen wirklich heftig stromrauschenden Widerstandstyp braucht, sollte Kohlemassewiderstände (Carbon Compound) einsetzen... . Zur Ehrenrettung der Kohlemassewiderstände sei erwähnt, dass sie sehr impulsfest sind, weil das eigentliche Widerstandselement nicht nur eine dünne Schicht, sondern eine großvolumige Masse ist. Und ganz im Ernst: Zur Erzeugung von rosa Rauschen, das in der Audiotechnik oft gebraucht wird und normalerweise nur mit aufwändigen Filtern aus weißem Rauschen geformt wird, scheint mir der Kohlemassewiderstand eine perfekte Alternative zu sein.
Weil ich vorsichtshalber ungern hochkapazitive Keramikkondensatoren im Signalweg von Audioschaltungen eingesetzt habe und weil der Messaufbau vorhanden war, wollte ich mich versichern, ob diese Vorsicht gerechtfertigt ist. Also habe ich einen 100 nF, 0805, X7R-Kondensator mit dem einen Anschluss an 12 V Spannung, und mit dem anderen an den hochohmigen Eingang des Vorverstärkers gelegt. Die Schaltung war etwas aufwändiger als hier beschrieben, weil selbst die 12 V aus einem LiIon-Akku noch mit einer R/C-Schaltung gefiltert werden mussten, denn sehr merkwürdige Effekte traten ohne diese Filterung auf.
Egal ob mit oder ohne 12 V, das Rauschen ist identisch. Ich habe jedenfalls keinen Unterschied messen oder erkennen können. Es ist bei niedrigen Frequenzen in beiden Fällen leicht höher als das Rauschen bei kurzgeschlossenem Eingang, weil der 1 MΩ-Eingangswiderstand nur über 100 nF und nicht direkt auf Masse liegt, es wird also durch den 1 MΩ-Widerstand verursacht.
Dennoch soll das nicht heißen, dass man nun unbedenklich Keramikkondensatoren mit einer hohen Dielektrizitätskonstante (d. h., einem hohem εr, z. B. X7R) einsetzen kann, denn andere unangenehme Eigenschaften wie Verluste, Temperaturabhängikeit, Nichtliniearitäten oder Mikrophonie können einem den Spaß verderben. Es hängt, wie so oft, vom Einsatzfall ab. Keramikkondensatoren mit einer niedrigen Dielektrizitätskonstante (z. B. NP0 oder C0G) sind dagegen unbedenklich oder sogar sehr gut und ggf. auch besser als Filmkondensatoren, aber nicht mit hoher Kapazität bei kleiner Bauform erhältlich und bei relativ hoher Kapazität ziemlich teuer. Aber das ist ja gar nicht das Thema dieses Artikels.
Letzte Aktualisierung: 3. Februar 2019 | Fragen? Anregungen? Schreiben Sie mir eine E-Mail! | Uwe Beis |