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Entwicklung des LNPA60dB
( English Version: Design of the LNPA60dB)
Erfahrungen bei der Entwicklung und detaillierte Messergebnisse
Dieser Artikel ist eine Erweiterung zum Hauptartikel Ultra-rauscharmer FET Vorverstärker. Er gibt einen kleinen Einblick in die Entwicklung des LNPA60dB (Low Noise Pre-Amplifier with up to 60 dB Gain) und enthält auch weitere Messwerte.
Einen besonders rauscharmen Vorverstärker mit parallel geschalteten FET-Operationsverstärkern, den LNPA40dB, hatte ich schon entwickelt. Wegen der Operationsverstärker ist der für DC-Signale verwendbar und wegen der moderaten Stromaufnahme auch für Batteriebetrieb. Die erreichten 2,2 nV/√Hz sind vergleichsweise gut, aber mit parallel geschalteten JFETs lässt sich ein reiner AC-Vorverstärker noch einmal erheblich rauschärmer machen. Mit 6 rauscharmen JFETs im Eingang habe ich 0,41 nV/√Hz erreicht. Das entspricht ungefähr dem thermischen Rauschen eines 10 Ω-Widerstands.
Es war nicht mein erster Versuch mit dem Prinzip der Parallelschaltung von Eingangstransistoren einen solchen Vorverstärker zu entwickeln, aber es war der erste erfolgreiche Versuch.
Zunächst habe ich den Vorverstärker als einen Versuchsaufbau gestaltet. Fast alle Widerstände lassen sich wahlweise bedrahtet in der Bauform 0207 oder als SMD in der Bauform 0805 bestücken. Im Versuchsaufbau habe ich sie mit Buchsen versehen, in die die Widerstände zu Versuchszwecken gesteckt werden können. Vorgesehen sind auf dem Board bis zu 6 JFETs, von denen dort im Muster nur 2 bestückt sind, aber auf einem zusteckbaren Modul sind weitere 4 vorhanden, denn natürlich ist interessant, wie die Unterschiede bei unterschiedlicher Anzahl der JFETs ist.
Die Verstärkung ist umschaltbar zwischen 40 und 60 dB. Es ist technisch nicht sinnvoll und sogar schlecht möglich, kleinere Verstärkungen zu realisieren. Das hat folgenden Grund:
Alle Widerstände im Eingang tragen mit ihrem thermischen (und ggf. auch strominduzierten) Rauschen zum Eingangsrauschen des Verstärkers bei. Nicht nur die Längswiderstände (Schutzwiderstände) im Eingang oder die Ausgangsimpedanz der Quelle. Auch die Ausgangsimpedanz der Gegenkopplung spielt eine Rolle: Um eine bestimmte Verstärkung einzustellen, wird ein Spannungsteiler gebraucht, der die Ausgangsspannung des Verstärkers in umgekehrtem Verhältnis zur Verstärkung teilt. Also z. B. bei 60 dB Verstärkung im Verhältnis 1000 : 1. Wenn man ein Eingangsrauschen erreichen will, das z. B. dem thermischen Rauschen eines 10 Ω-Widerstands entspricht, muss die Ausgangsimpedanz dieses Spannungsteilers weit unter 10 Ω liegen, denn sie soll ja einen möglichst geringen Einfluss auf das Gesamtrauschen haben.
Im LNPA bestehen die Ausgangswiderstände des Spannungsteilers, über die der Source-Strom der 6 JFETs fließt, aus 4 parallel geschalteten 10 Ω-Widerständen. Die Ausgangsimpedanz des Spannungsteilers ist also 2,5 Ω. Für 60 dB Verstärkung muss der Längswiderstand das 999-fache, also ca. 2,5 kΩ betragen, für 40 dB noch ca. 250 Ω. Diese 250 Ω belasten den Ausgangstreiber des Vorverstärkers nicht unerheblich, aber tolerierbar. Würde man 20 dB Verstärkung einstellen wollen, wäre die Last für den Ausgangstreiber 25 Ω. Dafür müsste schon ein besonderer Aufwand getrieben werden.
Die JFETs arbeiten mit 0 V Bias-Spannung, so dass ihr Drain-Strom maximal ist, denn dabei erreichen sie minimales Rauschen von ca. 1 nV/√Hz. Um die Bandbreite hoch und die Miller-Kapazität klein zu halten, geht der Drain-Strom über eine Kaskodenschaltung mit NPN-Transistor auf einen Arbeitswiderstand. Der besteht aus 3 parallel geschalteten 330 Ω-Widerständen. Diese Vorstufe hat eine relativ geringe Verstärkung von nur ca. 14 (= 12 dB), daher muss der nachfolgende Operationsverstärker auch sehr rauscharm sein. Ein AD797 mit ca. 1 nV/√Hz ergab noch einmal einen deutlichen Gewinn gegenüber dem ursprünglich geplanten OPA228 mit ca. 3 nV/√Hz. Allerdings ist dieser Operationsverstärker einer der teuersten mit kleiner Leistung, die ich kenne. Alternativ sollte ein LT1128 ungefähr zum gleichen Preis die gleichen Ergebnisse liefern.
Damit die Verstärkung präzise 40 bzw. 60 dB ist, werden in der Gegenkopplung 0,1%-Widerstände eingesetzt. Damit wird zunächst nur erreicht, dass der Unterschied zwischen 40 und 60 dB präzise stimmt. Bei den 4 10 Ω-Widerständen würden 0,1%-Versionen nicht helfen. Deswegen ist dort (statt eines Trimmers) ein Abgleichwiderstand parallel zu den 2,5 Ω vorgesehen, der je nach Exemplar einige 100 Ω beträgt.
Nach dem ersten Aufbau (Rev.0, oben) folgte der zweite (Rev.1, rechts). Neue Erkenntnisse haben sich ergeben und die Schaltung wurde leicht erweitert und optimiert. Ab dieser Revision wird für den LNPA60dB auch ein anderes Gehäuse vorgesehen.
Die eingefügten Änderungen wurden in der nächsten Leiterplatten-Revision (Rev.3, links) übernommen (Rev.2 wurde verworfen, weil ich kurz nach der Bestellung der Platinen von Rev.2 noch etwas korrigieren musste). Dabei wurden auch mehr SMDs statt bedrahteter Widerstände vorgesehen. So war er reif für eine erste kleine Serie. Es gab neue Messungen, noch ein paar Erfahrungen zu sammeln und die endgültige Dimensionierung für genaue Verstärkungen zu fixieren. Auch Front- und Rückplatten für die bereits vorhandenen Gehäuse konnten nun bestellt werden.
Gemessen wurde mit 2 und mit 6 JFETs bei 60 dB Verstärkung. Die Rauschdichte ließ sich auf zwei Wegen aus dem Ausgangssignal ermitteln: 1. Über meinen ADC AD24QS gewandelt und den daraus bestimmten Rauschspektren, und 2. Auch auf rein analogem Weg mit einem nachfolgenden 60 dB-Verstärker, einem Bewertungsfilter 20 Hz - 20 kHz und einem True-RMS-Voltmeter. Beide Ergebnisse waren praktisch identisch. U.a. für diese zwei Konfigurationen habe ich die Eingangsrauschspannung bestimmt:
Weitere Messwerte finden sich im Hauptartikel.
10 Rauschspektren zeige ich hier. Sie sind erstellt mit meinem AD24QS als ADC. Wie viele andere typische Delta-Sigma Audio-ADCs zeigt auch dieser wegen des sog. Noise-Shapings einen rapiden Anstieg des Eigenrauschens ab 50 kHz.
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Wichtig sind folgende Spektrallinien:
Zur Bestimmung der Amplitudengänge steht mir leider kein spezielles Gerät zur Verfügung. So habe ich mein Oszilloskop mit FFT und zwei Funktionsgeneratoren verwendet. Der eine Funktionsgenerator kann bis 50 MHz erzeugen, der zweite erzeugt für den ersten eine sehr langsame Frequenzmodulations-Rampe für einen Sweep von 0 bis 10 MHz. Ungefähr 3 Stunden dauert so ein Sweep, um mit dem Envelope-Display des Oszilloskops einigermaßen saubere Amplitudengänge wie diese zu bekommen. (Anmerkung: Ich verwende hier nicht den üblichen Begriff Frequenzgang, denn der beinhaltet Amplitudengang und Phasengang. Den Phasengang habe ich aber nicht ermittelt.)
Leider ist die Skalierung nur der Y-Achse, aber nicht die der X-Achse, wie üblich, logarithmisch. Die numerische Ausgabe der Messwerte geht wegen der Envelope-Darstellung ebenfalls nicht, sonst hätte ich es gerne durch Umrechnung doppelt-logarithmisch dargestellt.
Außerdem ist der Bereich von 0 bis 10 MHz in 12 Skalenteile aufgeteilt. Das ist unpraktisch und ergibt 833 kHz pro Skalenteil.
Prinzipiell lässt sich durch weiteres Parallelschalten natürlich auch noch geringeres Eingangsrauschen erreichen. Allerdings nicht in diesem Versuchsaufbau. Dort könnten zwar noch beliebig viele JFETs hinzu gesteckt werden, aber ohne weitere Reduzierung der Gegenkopplungsimpedanz wäre das wenig effektiv. Kleinere Widerstandswerte in der Gegenkopplung würden wiederum eine größere Ausgangsleistung des Operationsverstärkers erfordern, aber der sollte nicht wesentlich höher belastet werden, als er es jetzt, zumindest bei 40 dB Verstärkung, schon ist. Wenn lediglich 60 dB Verstärkung vorgesehen werden, sollte es möglich sein.
Es könnte allerdings auch funktionieren, z. B. 4 dieser Vorverstärker mit ihren Ein- und Ausgängen einfach parallel zu schalten, womit sich dann das Eingangsrauschen halbieren müsste. 0,2 nV/√Hz wäre doch wirklich ein außergewöhnlicher Wert.
Letzte Aktualisierung: 7. April 2021 | Fragen? Anregungen? Schreiben Sie mir eine E-Mail! | Uwe Beis |